Sollten Sie unter starken Ängsten leiden und den Eindruck haben, dass Sie wesentlich stärkere Angstgefühle erleben als andere Menschen in vergleichbaren Situationen, so kann es sich für Sie sehr lohnen eine Psychotherapie durchzuführen.
Angst- und Panikstörungen sprechen häufig hervorragend auf eine gezielte Psychotherapie an. Der Leidensdruck kann oft mit relativ wenigen Sitzungen stark reduziert werden.
Im ersten Schritt ist die genaue diagnostische Zuordnung der Ängste wichtig, da unterschiedliche Angststörungen ein angepasstes therapeutisches Vorgehen erfordern.
Panikstörung
Bei einer Panikstörung treten vorwiegend Panikattacken auf. Panikattacken sind gekennzeichnet durch plötzlich auftretende starke Angstgefühle und ausgeprägte körperliche Symptome (Beschleunigung des Herzschlags, Übelkeit, Druckgefühl in der Bauch- und Herzgegend, Schwitzen, Zittern etc.).
Typischerweise herrscht während der Panikattacke der Gedanke vor, es sei etwas körperlich nicht in Ordnung, man würde gleich einen Herzinfarkt erleiden u.Ä.
Im Regelfall werden zunächst häufig Notaufnahmen von Kliniken aufgesucht und wiederholte körperliche Diagnostik durchgeführt, wobei jedoch keine körperliche Ursache festgestellt werden kann.
Video über Panikstörung der Stiftung Gesundheitswissen:
Generalisierte Angststörung
Menschen mit einer generalisierten Angststörung zeigen ein konstant erhöhtes Niveau an sich sorgen, Anspannung und Angst. Über relativ kleine Anlässe wird intensiv nachgedacht (“von Hölzchen zu Stöckchen”) und es findet ein permanentes “Bedrohungsmonitoring” statt.
Phobien
Bei einer Phobie lösen bestimmte eigentlich ungefährliche Situationen oder Anlässe starke Angstgefühle aus (z.B. Flugangst, Höhenangst, Angst vor Spinnen, soziale Phobie, Agoraphobie).
Eine soziale Phobie ist durch eine ausgeprägte Angst sich in irgendeiner Form zu blamieren oder “komisch” zu sein, gekennzeichnet.
Derartige Ängste treten in sozialen Situationen auf wie beim Essen, Veranstaltungen, Sprechen in der Öffentlichkeit oder Treffen mit Freunden. Als Begleitsymptome können Erröten oder Zittern auftreten (bzw. Angst davor) oder auch ein ausgeprägter Drang auf Toilette zu müssen bis hin zu der Angst, den Harndrang nicht mehr kontrollieren zu können, was tatsächlich jedoch nie stattfindet.
Aus diesen Ängsten resultiert oft ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten, was zur Verfestigung der Symptomatik führt, da keine korrigierenden Erfahrungen mehr gemacht werden können. Bewertungen der eigenen äußeren Erscheinung und der Wahrnehmung durch andere sind dabei oft verzerrt.
Die verhaltenstherapeutische Psychotherapie einer sozialen Phobie besteht aus verschiedenen Komponenten. Hierzu zählen u.a. die Erarbeitung eines individuellen Störungsmodells, kognitive Ansätze, Verschiebung des Aufmerksamkeitsfokus, Verhaltensexperimente, Feedback und Expositionstraining. Ziel ist es, vom Betroffenen oft selbst als solche erkannte, übertriebene Ängste zu reduzieren.
Eine Agoraphobie tritt meistens in bestimmten Situationen (z.B. Menschenmengen oder Wartesituationen) außerhalb der eigenen Wohnung auf. Die Symptome können in Einzelfällen jedoch auch innerhalb der eigenen Wohnung auftreten.
Menschen mit einer Agoraphobie leiden unter Befürchtungen, plötzlich in einen körperlich bedrohlichen Zustand zu geraten (z.B. Ohnmacht, Ersticken oder Schlaganfall). Weitere Ängste beziehen sich darauf, psychisch oder physisch die Kontrolle über sich zu verlieren, also z.B. verrückt zu werden, zu Erbrechen oder unkontrolliert Wasser zu lassen.
Die Ängste richten sich oft darauf, bei anderen Menschen in irgendeiner Form für Aufsehen zu sorgen oder in einer Situation “ festzusitzen“ ohne dass eine Hilfe gegen die Befürchtungen verfügbar wäre oder zumindest eine sofortige Fluchtmöglichkeit bestünde.
Eine Agoraphobie kann mit und ohne Panikattacken auftreten und grundsätzlich folgende Symptome beinhalten:
Zu den körperlichen Symptomen gehören:
- Herzklopfen
- Schweißausbrüche
- Zittern, Mundtrockenheit
- Atembeschwerden
- Beklemmungsgefühl
- Schmerzen oder Mißempfindungen im Brustbereich
- Hitzewallungen oder Kälteschauer.
Zu den psychischen Symptomen gehören:
- Ausgeprägte Anspannung oder Angst
- Gefühl von Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit
- Gefühl von „Unwirklichkeit“ (Derealisation) oder man sei nicht wirklich da (Depersonalisation)
Agoraphobie tritt typischerweise in folgenden Situationen auf:
- Menschenmengen
- Kaufhäuser
- Spaziergänge
- Öffentliche Verkehrsmittel
- beim Autofahren (insbes. Autobahnen, Stau, Tunnel)
- Wartesituationen
- Restaurantbesuche
- Kinobesuche
Eine große Rolle spielt häufig die Erwartungsangst, d.h. die Angst vor der kommenden Angst auslösenden Situation wie z.B. das Betreten eines Supermarktes. Die Ängste treten häufig in geringerem Umfang auf, wenn eine Angst auslösende Situation überraschend auftritt.
Eine unbehandelte Agoraphobie kann mit dem Ziel der Angstvermeidung zu sehr ausgeprägtem Rückzugsverhalten führen, wodurch zusätzlich eine Depression entstehen kann.
Zur verhaltenstherapeutischen Psychotherapie einer Agoraphobie gehören u.a. Psychoedukation über die Zusammenhänge der Störung, kognitive Ansätze, Verhaltensübungen und Expositionstraining sowie Rückfallprophylaxe.
Psychotherapie und medikamentöse Behandlung von Angststörungen
Methode der ersten Wahl sollte bei einer Angststörung in den meisten Fällen eine Verhaltenstherapie sein, womit sich sehr oft eine deutliche Besserung der Symptomatik erzielen lässt.
Sollte eine besonders schnelle Entlastung von Ängsten seitens des Patienten gewünscht sein oder ist die Symptomatik sehr schwerwiegend kann auch eine medikamentöse Behandlung sehr wirksam sein. Zu erwähnen sind hier z.B. Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) oder auch Pregabalin. Eine Therapie mit Benzodiazepinen sollte aufgrund des Suchtpotentials nur in Notfällen erwogen werden.
Insofern der Besuch einer psychotherapeutischen Praxis bereits angstbesetzt ist, können Ängste auch effektiv über eine Online Psychotherapie behandelt werden.
Gerne können Sie auch einen Termin zur Behandlung von Angst- und Panikstörungen in unserer Praxis für Psychotherapie in Berlin oder in München vereinbaren.
Quellen:
Bassler, Markus, and Stefan Leidig. Psychotherapie der Angsterkrankungen: Krankheitsmodelle und Therapiepraxis. Georg Thieme Verlag, 2005.
Pohl, Robert B., et al. „Efficacy of pregabalin in the treatment of generalized anxiety disorder: double-blind, placebo-controlled comparison of BID versus TID dosing.“ Journal of clinical psychopharmacology 25.2 (2005): 151-158.