Oftmals wird die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung ausschließlich mit dem Kindesalter in Verbindung gebracht. So ist sie mit einer Prävalenz von 2 bis 6 % eine der häufigsten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Für das Erwachsenenalter hingegen ist die Störung kaum bekannt. Jedoch zeigt sich bei bis zu 65 % der Betroffenen ein Fortbestand der Krankheit.
Was ist ADHS?
Charakteristisch für ADHS sind folgende Haupt-Merkmale:
Unaufmerksamkeit
Viele Betroffene haben große Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit für längere Zeit aufrecht zu erhalten. Leidet ein Kind an ADHS, so hört es in der Schule häufig nicht zu und lässt sich sehr leicht durch äußere Reize ablenken. Bei Schulaufgaben schleichen sich Flüchtigkeitsfehler ein und sowohl in der Schule als auch im Spiel werden Dinge begonnen, aber nicht zu Ende gebracht. Nicht selten verlieren Kinder mit ADHS Gegenstände und sind im Allgemeinen sehr vergesslich.
Hyperaktivität und Impulsivität
Eine zweite Charakteristik von ADHS ist die Hyperaktivität. Diese äußert sich vorwiegend durch einen übermäßigen Bewegungsdrang, sodass betroffene Kinder sich schwer damit tun, im Unterricht still sitzen zu bleiben. Sie zappeln häufig mit Händen und Füßen und stehen oft auf, anstatt auf ihrem Platz zu bleiben.
Hinzu kommt meist Impulsivität, die sich z.B. darin zeigt, dass andere Menschen unterbrochen werden oder dass mit Antworten herausgeplatzt wird, ohne dass eine Frage zu Ende gestellt wurde. Betroffene sind also nur schwer in der Lage, abzuwarten, bis sie in einer Unterhaltung mit dem Sprechen an der Reihe sind.
Darüber hinaus legen Kinder mit ADHS oftmals oppositionelles Verhalten an den Tag, welches sich typischerweise im Kontakt mit Autoritätspersonen zeigt.
Es werden verschiedene Formen von ADHS unterschieden: Zeigt jemand nur Symptome der Unaufmerksamkeit, zählt er zum vorwiegend unaufmerksamen Typen. Diese Kinder sind verhältnismäßig unauffällig in ihrem Verhalten und wirken auf ihr Umfeld in erster Linie verträumt.
Sind hingegen überwiegend Symptome von Hyperaktivität und Impulsivität gegeben, spricht man vom vorwiegend hyperaktiven Typen. Insbesondere im Kindesalter ist dieser Typus oftmals schwieriger zu bändigen. Somit wird die Symptomatik von Außenstehenden auch eher bemerkt und wird häufiger diagnostiziert. Im Volksmund werden diese Kinder auch gern als „Zappelphilipp“ bezeichnet. Beim gemischten Erscheinungsbild sind Symptome beider Kategorien erfüllt.
Der Verlauf von ADHS
Die Intensität der Symptomatik lässt mit dem älter werden in vielen Fällen nach. Doch auch im Erwachsenenalter leiden noch viele Menschen an ADHS. Alleine in Deutschland sind schätzungsweise zwei Millionen Erwachsene betroffen.
Die diagnostischen Kriterien bleiben dieselben, jedoch ist die tatsächliche Symptomatik insgesamt etwas verändert: Die Hyperaktivität sinkt mit zunehmendem Alter tendenziell, während Aufmerksamkeitsdefizite und Impulsivität z.T. noch vorhanden sind. Termine werden versäumt, Ordnung und System fallen schwer und auch finanziell kommt es nicht selten zu verheerenden Fehlkalkulationen. Schließlich wirken sich die Probleme auch auf Partnerschaft und Berufsleben negativ aus. Verzichten Betroffene auf Sport, um ihre Symptome zu kontrollieren, kann der Leidensdruck steigen. Im hohen Alter wird die Diagnose dadurch erschwert, dass zusätzlich Demenzen oder andere alterstypische Erkrankungen hinzukommen.
Medikamentöse Behandlung und Psychotherapie bei ADHS
Studien zufolge stellt die medikamentöse Behandlung für Erwachsene mit ADHS das effektivste Verfahren dar. Ritalin bspw. ist ein schnellwirksames Medikament, welches zur Symptomunterdrückung führt. Durch den Wirkstoff Methylphenidat hemmt es den Abtransport von Dopamin im Gehirn. Je höher die Konzentration von Dopamin zwischen den Nervenenden ist, desto schneller werden Signale weitergeleitet. Die Leistungsfähigkeit des Gehirns steigt. Seit 2014 ist das Präparat Ritalin Adult zur Behandlung von Erwachsenen mit ADHS zugelassen. Es ist für Patienten ab 18 Jahren geeignet und kann zum Therapie-Übergang von Jugendlichen ins Erwachsenenalter eingesetzt werden.
Aber auch eine Verhaltenstherapie kann bei ADHS sinnvoll sein. Ihre Wirksamkeit ist ebenfalls wissenschaftlich nachgewiesen. Im Zentrum stehen typischerweise die Themen Organisation und Planung, Emotionsregulation und die Bewältigung lebenspraktischer Herausforderungen im Umfeld der ADHS (Lebensplanung, Soziale Beziehungen, Co-Morbiditäten wie Depressionen oder Sucht etc.).
Realistischerweise muss jedoch festgestellt werden, dass die Wirksamkeit einer Psychotherapie in Bezug auf die Fähigkeit zur Organisation und Impulskontrolle nicht an die Wirkungsstärke einer medikamentösen Behandlung heranreicht.
Selbsthilfegruppen bei ADHS können ebenfalls sehr hilfreiche Wirkung entfalten.
Quellen:
American Psychiatric Association (APA, 2013): Diagnostic and statistical manual of mental disorder (5th ed.). Airlington, VA: American Psychiatric Publishing.
Safren, S. A., Perlman, C. A., Sprich, S., Otto, M. W. (2009). Kognitive Verhaltenstherapie der ADHS des Erwachsenenalters. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.